Seit gut fünf Monaten operieren wir ohne TV-Leistungszahlen. Einige Sender bezweifeln nach der Änderung des Messsystems die Richtigkeit der erhobenen Werte und verhindern deren Veröffentlichung. Solange diese Zweifel nicht ausgeräumt sind, warten wir auf Quoten und effektive Blockwerte der Fernsehwerbung. In der Branche munkelt man, dass einige TV-Sender massiv tiefere Quoten ausweisen werden. Was heisst das für die Mediaplanung? Eine Einschätzung aus Sicht einer Mediaagentur.

Die Situation ist für uns als Mediaagentur, die TV-Budgets von der Planung bis zum Einkauf selber betreut, nicht einfach. Momentan sind wir nicht in der Lage, die laufenden TV-Kampagnen zu optimieren und nach deren Ablauf eine Erfolgskontrolle zu erstellen. Es gibt daher auch keine Learnings für das zweite Halbjahr 2013, die als Basis für kommende Einsätze dienen. Ein Blindflug also? Und das für Kampagnen in 6- bis 7-stelligen Budgetgrössen? Teilweise sicherlich, denn unsere Planungen der Kampagnen 2013 basieren auf effektiven Werten vom vergangenen Jahr. Dies sind die einzigen Zahlen, die uns zur Zeit zur Verfügung stehen. Nicht ideal für ein dynamisches Medium, wie TV, das sein Pricing laufend an den aktuell erzielten Ratings orientiert.

Doch auch nach der Publikation der neuen Fernsehdaten werden die Probleme nicht enden. Denn diese neuen Daten werden mit den alten Werten nicht mehr vergleichbar sein, da das Messsystem komplett umgestellt wurde. Diese Umstellung des Systems ist der eigentliche Blindflug. Wir werden uns an eine neue Währung gewöhnen und uns auf diese einstellen müssen.

Was wir bei ZipMedia einstweilen tun: wir achten darauf, dass die Kampagnen unserer Kunden proaktiv und grosszügig Leistungskompensationen erhalten. Als Basis dienen uns Vergleichswerte aus Kampagnen vom vergangenen Jahr. So garantieren wir, dass die aktuellen Kampagnen ihren geplanten Impact so gut wie möglich halten können, und dass keine „Guthaben-Berge“ entstehen, die eventuell Ende Jahr nicht mehr abgebaut werden können.

Fazit: Derzeit können wir uns nur in Geduld üben und Vertrauen in ein starkes, erprobtes und wirksames Medium haben. Die effektive TV-Nutzung wird sich innert eines halben Jahres nicht drastisch verändert haben, verändert haben sich jedoch die Anlage der Erhebung und die Messung. Die Frage ist: Sind die alten oder die neuen Werte wahrheitsgetreuer? Die Antwort wird wohl irgendwo dazwischen liegen.

Prekär wird es ab Herbst, wenn die Planungen 2014 anstehen. Werden wir auch dann noch mit Zahlen aus dem Jahr 2012 operieren müssen? Jetzt sollte die Werbewirtschaft den Druck auf die TV-Branche deutlich erhöhen, Motto „Keine Zahlen – keine Kampagnen“. Wir denken, nur so kommen wir in absehbarer Zeit zu einer vernünftigen Lösung.

Zur Vorfreude: Ab Herbst 2013 werden uns auch im Printbereich neue Leistungen serviert. Dank neuen Erhebungsmethoden bei der MACH-Studie werden auch diese Werte nicht mehr mit den aktuellen vergleichbar sein. Wir werden darüber ausführlicher in den kommenden ZipMedia News berichten.

Nachtrag I:

Die TV-Zahlen wurden am 12.6., nur kurz nach Aufschaltung dieses Blogs, freigegeben … und ebenso schnell wieder gesperrt. Unser obiges Statement ist also wieder/noch aktuell. Die Sache liegt nun beim Bundesverwaltungsgericht – schon fast Seldwyla-Verhältnisse sind das, meinen wir und sind gespannt auf die nächste Folge dieser Soap.

Nachtrag II:

Wir haben die Marktanteile des ersten und vierten Quartals 2012 pro Sender auf einer Grafik zusammen mit den ersten Ergebnissen Q1 2013 aufgestellt. Die Zahlen 2012 und 2013 sind nicht vergleichbar, zeigen aber trotzdem, wo das Potential für Widerstand gegen die neue Studie zu orten ist…TV MA 12 13_270613