Zur Zeit  gibt es ja nur noch ein Thema in den Medien: Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative. Die Diskussion dreht sich vor allem um die Gründe, Folgen und weiteren Vorgehensmöglichkeiten. Doch kam es wirklich so, wie es kommen musste? Lesen Sie hier eine Analyse der Online Präsenz beider Komitees während des Abstimmungskampfes – und wie sich der Spiess vielleicht noch hätte drehen lassen.

Die Befürworter und Gegner der Masseneinwanderungsinitiative kreuzten die Klingen über Monate hinweg auf verschiedenen Portalen und Medien. Unter anderem waren beide Lager mit einer Website im Netz vertreten. Wir untersuchen: Wessen Online Marketing war effizienter und erfolgreicher?

Website-Darstellung: 1:0 für die Befürworter

Die Befürworter stiegen mit der Seite www.masseneinwanderung.ch ins Rennen, die Gegner der Initiative entschieden sich für www.bilaterale.ch. Die Ästhetik beider Seiten ist nicht zu bemängeln und auch die wichtigsten Inhalte werden abgebildet.

Ausserdem finden wir auf beiden Websites die wichtigsten Informationen und einige schöne Extras:

Die Gegner warten dabei auf mit

  • Gut dargestellten Testimonials
  • Einer ständig aktualisierten News-Sektion
  • Umfangreichem Infomaterial
  • Factsheets, FAQs und Events
  • Der Möglichkeit, sich im Komitee einzutragen

Nichts Spektakuläres, aber durchaus ansprechend.

Die Befürworter decken diese Bereiche ähnlich ab, sind aber noch etwas stärker in der Einbindung Ihrer Besucher, was den viralen Effekt einer solchen Kampagnenseite verstärkt. Dies erreichen sie durch

  • Eine viel prominentere Social Media-Einbindung
  • Einbindung von Videos, die aber leider nicht für Suchmaschinen optimiert wurden
  • Direkte Aufforderungen zum Mitmachen (Promotionen, Komitee beitreten, Finanzielle Unterstützung, Möglichkeit zum Einreichen von Leserbriefen) – alles mit sauberen  Call-to-Actions

Insgesamt ist die Seite www.masseneinwanderung.ch etwas interaktiver, was ihr wohl zu mehr Aufmerksamkeit über virale Effekte verhalf.

Dieser Vorteil alleine reicht noch nicht zum Sieg und kann kompensiert werden… oder könnte…

SEO: und schon steht’s 4:0

Im Suchmaschinen-Bereich fällt www.bilaterale.ch jedoch deutlicher ab Zwar. ist die Website nicht schlechter indexiert als www.masseneinwanderung.ch, aber gefunden wird die Site gemäss dem SEO-Tool SearchMetrics über folgende Suchbegriffe:

„bilaterale“, „power point präsentation“, „argumente“, „brief“, „präsentation“, „simonetta sommaruga“ und „bilaterale 1“

Die Befürworter-Seite hingegen ist präsent für Suchbegriffe wie

„masseneinwanderung“, „masseneinwanderungsinitiative“ (jeweils auf Platz 1), „einwanderung schweiz“, „ausländeranteil schweiz“, „einwanderung in die schweiz“, „immigration schweiz“ und „gegen“ (Platz 2, hihi)

Über diese aktuellen und prägnanten Keywords ist www.bilaterale.ch nicht zu erreichen, wie man auch am folgenden Screenshot sieht (Ausnahme ist „masseneinwanderung nein“ – da sind die Gegner dann doch präsent und auf Platz 1).

Für beide Lager ist es natürlich essenziell, dass deren Sites bei den Suchbegriffen erscheinen, nach denen unentschlossene Stimmbürger in der Zeit vor der Abstimmung suchen. Doch welche Suchbegriffe hatten vor der Abstimmung stark erhöhte Suchanfragen? Betrachten wir dazu die Verhältnisse der Suchanfragen anhand von Google Trends:

Wir sehen: Die Suchbegriffe „masseneinwanderung“ und „masseneinwanderungsinitiative“ haben jeweils 5 bis 6 mal höhere Suchanfragen als „bilaterale“. Personen, die sich aktiv auf die Suche nach Infos zur Abstimmung gemacht haben, fanden mehrheitlich die Website der Befürworter.

Paradox ist, dass sich die Gegner der Initiative das Ei selber ins Nest gelegt haben, weil sie auf ihrer Website (ganz dem Kampagnenjargon folgend) stets von „Abschottungsinitiative“ sprachen – ein Terminus, der sich jedoch beim Stimmvolk nie durchsetzen konnte, wie folgende Grafik zeigt.

Mittels Google Trends und dem Google AdWords Keyword-Planer kann man in etwa abschätzen, wie hoch die Suchanfragen in den letzten Monaten für die Bereiche „Masseneinwanderung“ und „Masseneinwanderungsinitiative“ waren: Diese lagen schätzungsweise bei rund 300’000 bis 400’000 – und wurden von www.masseneinwanderung.ch optimal abgefangen. Die fremdsprachigen Suchanfragen sind dabei nicht mal mit eingerechnet.

Fazit: Online Marketing hätte es vielleicht noch drehen können

Folgende Chancen wurden durch die Gegner der Initiative verpasst:

  • Viraler Effekt auf der Website
  • Mangelnde Präsenz bei einigen hundertausend Stimmbürgern, die sich im Web auf der Suche nach Informationen befanden aufgrund fehlender Keyword-Analyse vor der Aufschaltung der Website

Nicht detailliert auswerten kann ich die Präsenz im Bereich des „gekauften“ Traffics über AdWords und andere Kanäle wie Banner oder Social Media, was sich natürlich auch auf das Ergebnis ausgewirkt hat.

Gemäss SearchMetrics haben die Gegner der Initiative zumindest in geringem Masse bezahlte Suchmaschinen-Anzeigen geschaltet.

Nichts desto trotz wurde mit der nicht optimalen Online Präsenz und vor allem der mangelnden Berücksichtigung des SEO-Bereiches von den Initiativgegnern eine grosse Chance vertan – eine fahrlässige und vielleicht folgenreiche Unterlassung mit Blick auf den knappen Ausgang der Abstimmung.